Chefarztpflicht : Lt. Umfrage klare Mehrheit dagegen
Jeder zweite Arzt und 3 von 4 Patienten wollen sie ersatzlos abschaffen
Laut einer Umfrage des Linzer
market-Instituts im Auftrag der Pharmig lehnt die Mehrheit der Österreicher die
Chefarztpflicht kategorisch ab. Zwei Drittel der Ärzte wollen die
Chefarztpflicht abgeschafft wissen, nur ein Drittel ist für die chefärztliche
Kontrolle. Bei den österreichischen Patienten ist das Votum noch klarer: 40
Prozent unterstützen auf jeden Fall die Forderung, die Chefarztpflicht ersatzlos
abzuschaffen, 36 Prozent sind eher dafür. Nur 14 Prozent sind eher dagegen und
magere 9 Prozent wollen die Chefarztpflicht beibehalten. Wenig überraschend
fällt auch das Urteil der Ärzte zur Chefarztpflicht neu aus: 54 Prozent der
befragten Ärzte sehen die neue Regelung sehr negativ, 28 Prozent eher
negativ.
Ein alarmierendes Ergebnis der Umfrage, die in
Österreich zwischen 18. und 21. Jänner 2005 unter 200 Ärzten und 200 Patienten
durchgeführt wurde: Der Aussage "Alle Patienten bekommen die für sie notwendigen
Medikamente, auch wenn sie teurer sind" stimmen nur 10 Prozent der Ärzte voll
und ganz zu, 34 Prozent stimmen auch noch zu. Jeweils 24 Prozent glauben aber
weniger bzw. gar nicht, dass das zutrifft. "Ein erschreckendes Zeugnis für die
österreichische Gesundheitspolitik", interpretiert market-Geschäftsführer Werner
Beutelmeyer das Ergebnis. "Wenn fast die Hälfte der Ärzte nicht glaubt, dass die
österreichischen Patienten die für sie notwendigen, teureren Medikamente
bekommen, muss das den Gesundheitspolitikern zu denken geben. Denn die Ärzte
sind die Experten, sie müssen es schließlich wissen."
Auch die Patienten
beurteilen die Auswirkungen der Chefarztpflicht neu mehrheitlich negativ: Die
Aussage "Die Ärzte sind nun generell zurückhaltender bei der Verschreibung
chefarztpflichtiger Medikamente" halten 17 Prozent der Befragten für voll und
ganz zutreffend, 31 Prozent für eher zutreffend. 34 stimmen weniger, 6 Prozent
gar nicht zu. "Die Patienten sind mehr und mehr davon überzeugt, dass allein der
Preis eines Medikaments für ihre Behandlung ausschlaggebend ist - aber das
Billigste ist nun einmal nicht immer das Beste", analysiert Studienleiter
Beutelmeyer. "Ein Indiz dafür, dass das Vertrauen der Patienten in die Qualität
des Gesundheitssystems abnimmt."
Heftige
Kritik übt Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber am neuen Erstattungskodex: Bei der Einteilung
in das neue Boxensystem sind rund 2.500 bisher erstattungsfähige Medikamente in
der sogenannten No-Box gelandet. Laut jüngster ASVG-Novelle heißt das, dass
diese Medikamente "bei zwingend therapeutischen Gründen", also in Ausnahmefällen
verschrieben und auch erstattet werden können. Laut Huber sieht die Praxis
jedoch anders aus: "Einzelne Krankenkassen weigern sich, No-Box-Präparate zu
erstatten, weshalb sie die Ärzte auch nicht mehr verschreiben. Für die Patienten
bedeutet das eine wesentlich schlechtere medizinische Versorgung und eine Gefahr
für die Gesundheit. Die Patienten bekommen No-Box-Präparate nur mehr, wenn sie
sie selbst bezahlen - aber das können sich viele nicht leisten."
Als
Beispiel nennt Huber die spezifische Immuntherapie für Allergiker. Bisher sind
diese Medikamente für jene 50.000 Österreicher, die beispielsweise unter
Pollen-, Hausstaubmilben oder Insektengift-Allergie leiden, vom Facharzt
verordnet und anschließend anstandslos vom Chefarzt bewilligt worden. Seitdem
jedoch diese Präparate ohne Ausnahme in der No-Box gelandet sind, bekommen
Allergiepatienten in manchen Bundesländern ihre Medikamente gar nicht mehr, in
anderen nur nach einer umständlichen Genehmigungsprozedur und langen
Wartefristen. Pharmig-Chef Huber beschreibt die Folgen: "Viele Patienten
brechen ihre Therapie ab, weil sie sie nicht selbst bezahlen können oder wollen.
Das kann jedoch bei Patienten mit Asthma oder einer Insektengift-Allergie
lebensgefährlich sein! Es kommt aber auch dem Gesundheitssystem viel teurer als
eine Fortsetzung der Therapie, da bei einem Therapieabbruch die Folgekosten
ungleich höher sind als die Medikamentenkosten." Hubers Kritik: "Der
Hauptverband hat den neuen Erstattungskodex dazu missbraucht, um viele
Medikamente still und heimlich zu entsorgen. Und zwar nicht aus medizinischen,
sondern rein aus ökonomischen Gründen".
Quelle: Pharmig / Markant